Gibt es etwas, das Ihnen heilig ist? Etwas, das Ihnen so richtig wichtig ist, dass Sie alles dafür hergeben würden? Etwas, das Sie unendlich vermissen würden, wenn es nicht mehr da wäre?
Mir fallen da gleich mehrere Sachen ein: die Nachtruhe ist mir z.B. heilig. Oder eine sinnerfüllte Arbeit. Die Zeit mit meinem Ehemann, mit der Familie oder mit Freunden …
Vielleicht sollten wir uns öfter mal die Frage stellen, was uns heilig ist, um diesem dann mehr Zeit und Raum in unserem Leben zu widmen.
Und nun stelle ich mir vor, ich würde diese Frage Gott stellen: Gott, was ist dir heilig? Und wenn er dann sagen würde: Du, Mensch, – du, Gisela, – du bist mir heilig! Für dich würde ich alles hergeben. Dich würde ich vermissen, wenn du dich von mir abwenden würdest. – Wenn er das sagen würde auf meine Frage, – was würde das mit mir machen? Was würde es mit Ihnen machen, wenn da in Gottes Zusage, Ihr Name genannt würde: Du, NN, – du bist mir heilig!
Eigentlich wissen wir es ja; es wurde uns ja schon so oft gesagt: dass Gott uns liebt, dass wir ihm wichtig sind. Aber das nochmal so zu hören „Du bist mir heilig!“, das hat schon was.
Am ersten Tag dieses Monats feiern wir das Fest ALLERHEILIGEN. In den vergangenen Monaten dieses Jahres habe ich in den Kreuz-und-quer-Gedanken immer eine/n bestimmte/n Heilige/n in den Mittelpunkt gestellt.
An Allerheiligen geht es nicht um eine bestimmte heilige Person, sondern um alle, die vor Gott heilig sind. Wir denken dabei immer an diejenigen, die schon verstorben sind. Und weil wir glauben, dass sie nun bei Gott sind und deshalb Anteil an ihm haben, sind sie heilig.
Aber Anteil an Gott haben wir doch auch schon jetzt zu Lebzeiten. Weil Gott an uns und unserem Leben Anteil nimmt, weil wir ihm nicht egal sind, weil wir ihm heilig sind, – deshalb sind wir jetzt schon heilig.
Heilig bedeutet dann für mich, dass wir mit einer besonderen Würde ausgestattet sind. Eine Würde, die unantastbar ist; – so steht es ja auch im Grundgesetz: Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Wie gehen wir um mit der Würde der anderen? Wie gehen wir um mit der Heiligkeit unserer Mitmenschen? Und auch mit der Heiligkeit aller Wesen, die unser Schöpfer uns anvertraut hat?
Als Christin glaube ich: Gott hat alle Menschen als sein Ebenbild geschaffen. Das bedeutet für mich: In jedem Menschen, in jedem Wesen begegnet mir Gott.
Diese Würde, diese Heiligkeit ist ein Geschenk, das nicht verletzt werden darf. Überall, wo die Würde und Heiligkeit eines Menschen angetastet und nicht geachtet wird, widerspricht das unserem christlichen Glauben und unserer Verfassung.
Du bist mir heilig! – das sagt Gott nicht nur zu Ihnen und mir, sondern das sollte unser aller Haltung sein, wenn wir einander begegnen. Heilig ist dann nicht nur ein Adjektiv, sondern auch ein Verb. Weil wir vor Gott heilig sind, sollen wir auch wie Heilige leben, indem wir die Würde der anderen achten.
Ich kenne viele Menschen, die aus dieser Haltung handeln: mein Nachbar, der seit Jahren seine kranke Frau liebevoll pflegt; die Ehrenamtliche, die sich um Flüchtlinge kümmert; das Mädchen in der Grundschule, das die neue und schüchterne Mitschülerin zum Geburtstag einlädt; der Jugendliche, der in der Straßenbahn dem alten Herrn seinen Sitzplatz anbietet; der Friseur, der dem Obdachlosen kostenlos die Haare schneidet; die Mutter, die ihr Kind liebevoll in den Arm nimmt, obwohl es ein schlechtes Zeugnis mit nach Hause gebracht hat ….
All das sind Beispiele, wie Menschen die eigene Heiligkeit und die Würde des Anderen hervorholen und zum Strahlen bringen.
So könnte in diesem Jahr das Fest Allerheiligen ein Tag sein, an dem wir uns und andere an die uns verliehene heilige Würde erinnern. Und an dem wir dankbar an die vielen „Heiligen“ denken, die uns jeden Tag auf ´s neue mit Würde begegnen.
Bleiben Sie behütet!
Ihre Gisela Fritsche
Dekanatsreferentin